Vergesellschaftung – wenn neue Katzen einziehen

Auch wenn eure Samtpfote einen Katzengefährten vermißt, einen Spielkumpel braucht, sie sehr sozial ist, bitte denkt daran, sie können später alle ein Dreamteam werden, doch zuerst werden eure Samtpfoten dem Neuzugang sehr wahrscheinlich Skeptis bis Abwehr entgegenbringen, das ist ganz normal.
Bitte setzt eure neue Katze deshalb nicht einfach so ins Revier eurer Katzen, denn nur in seltenen Fällen läuft diese Vorgehensweise problemlos und ohne Auseinandersetzung ab. Und wenn es erst schief gelaufen ist, die Katzen bereits eine negative Erfahrung miteinander gemacht haben, wird die Zusammenführung nur umso schwieriger, bitte erspart das euch und den Katzen und führt sie stattdessen langsam zusammen.

Eure Wohnung, Haus, Haus mit Garten, … ist das Revier eurer Katzen und dieses Revier wird gegen Fremdkatzen verteidigt.
Das Revier beinhaltet die lebenswichtigen Ressourcen eurer Katzen wie Futter, Schlafplätze, Lebensraum, Toiletten, Spielzeug, Kratzbäume, menschliche und samtpfotige Gefährten usw., all dies wäre durch eine Fremdkatze möglicherweise in Gefahr und deshalb wird ein Neugefährte in der Regel nicht freundlich willkommen geheißen, er löst stattdessen Stress aus. Auch dann, wenn die neue Samtpfote tatsächlich nett, freundlich, sozial und passend ist.
Diese Eigenschaften können erst gewürdigt und geschätzt werden, wenn sich die Bestandskatzen ihrer Ressourcen sicher fühlen und sich mit der Situation langsam vertraut gemacht haben. Für den Neuankömmling bedeutet die Situation ebenfalls Stress, denn alles ist neu und das Revier bereits von Katzen bewohnt. Manchmal kommt auch noch eine längere Anreise hinzu.
Um unter diesen Umständen die Situation für alle Beteiligten einschließlich euch selbst so stressarm wie möglich zu gestalten, gebt dem Neuzugang bitte ein Ankommenszimmer für sich allein. Die Zimmertür bleibt zunächst geschlossen und dieses Zimmer ist für die anderen Katzen tabu.

Bitte setzt euch und die Katzen nicht unter Druck, weder unter Erfolgsdruck, noch unter Zeitdruck. Manchmal finden die Katzen zügig zueinander, manchmal dauert es Monate. Folgt der Entwicklung die sich zeigt und gebt dem Ganzen viel Zeit und Gelassenheit. Es muß nichts, rein gar nichts, vergeßt Vergleiche mit anderen Zusammenführungen, eure Katzen, eure Lebens- und Wohnsituation sind immer einzigartig und individuell. Daher schaut bitte nur auf eure Katzen und ihr Verhalten, nichts anderes bestimmt den Lauf und euer Gefühl ist im Zweifel ein besserer Ratgeber als euer Verstand. Es gibt immer mehr Entwicklungsmöglichkeiten als sich unser Verstand denken kann.

Laßt bitte eure neue Katze ein paar Tage „ankommen“ und bewerkstelligt euren Alltag wie immer. Zusätzlich gebt ihr eurer neuen Katze alles was sie braucht, auch eure Zuwendung soweit sie sie annehmen kann. Respektiert bitte die Grenzen, die euch die Katzen setzen.
Wichtig ist vor allem die gleich bleibende Routine für eure Bestandskatzen. Ganz besonders gilt dies für gewohnte Rituale. Es spielt keine Rolle ob eure Katzen die gewohnte Angebote von euch an sie annehmen oder vielleicht zunächst verweigern, ihr bietet euch wie gewohnt an.
Es kann durchaus sein, daß eure Samtpfoten erstmal etwas durch den Wind sind, gestreßt, anders als gewohnt reagieren, bleibt dennoch bitte beim gewohnten Alltag, als wäre alles wie immer. Je normaler und sicherer ihr mit der Situation umgeht, umso leichter können euch eure Katzen darin folgen. Eure Katzen müssen sich davon überzeugen, daß weder ihr Revier noch ihre Ressourcen durch die neue Katze gefährdet sind. Je sicherer sich eure Katzen fühlen, umso entspannter sind sie und umso freundlicher und gelassener gehen sie mit der Situation um. Das gilt ganz besonders für mögliche erste Begegnungen.
Solange eure Katzen und/oder der Neuankömmling noch deutlich gestreßt sind, bleibt die Zimmertür zu. Ihr könnt aber schon mal z.B. Handtücher von den Liegeflächen eurer Katzen ins Zimmer der neuen Samtpfote auf den Boden legen und umgekehrt. So können sich alle mit den Gerüchen und daraus folgenden Informationen über den anderen vertraut machen.
Mit der Zeit riecht auch die neue Samtpfote nicht mehr sooo fremd, weil sie im Geruchsmix des gleichen Haushaltes lebt, das gleiche Futter frißt, euren Geruch mit der Zeit im Fell trägt usw.
Wenn ihr das Gefühl habt alle sind relativ entspannt, auch wenn sich vorsichtige Katzen vielleicht mehr als sonst verstecken, könnt ihr eine Gittertür statt der Zimmertür des Neuzuganges anbringen.

Je nach euren Möglichkeiten kann das durch Einhängen der Gittertür in die vorhandenen Türangeln erfolgen oder ihr bringt z.B. etwas dickere Leisten neben dem Türrahmen an, auf die ihr die Türangeln für die Gittertür schrauben könnt. Vielleicht habt ihr auch Türrahmen in die sich eine Gittertür durch Einklemmen installieren läßt. Es gibt viele unterschiedliche Anleitungen im Internet, auch für den Bau der Gittertür selbst, eigentlich findet sich da für jede Türsituation eine Lösung. Ich habe mir für unsere Zwecke eine Gittertür aus Holzleisten als Rahmen gebaut und beidseitig ein stabiles Katzennetz mittels Tacker befestigt, die Türangeln sind auf Leisten direkt an der Wand oder am Türrahmen befestigt.
Die Gittertür dient der gegenseitigen Sichtbarkeit, dem einander  beobachten können, auch einer möglichen Begegnung der Katzen am Gitter und gleichzeitig dem Ausschluß von körperlichen Übergriffen. Die Gittertür muß also eine undurchlässige Barriere sein, die sich katzseits weder aushebeln, noch aufziehen oder überklettern läßt.

Am besten baut ihr anfangs noch Sicht-Teilblockaden wie Kartons zur Hälfte vor die Tür, in etwas Abstand zur Tür weitere Kartons, so daß die Katzen sich aus sicheren Verstecken beobachten können, der Sichtkontakt aber auch vermieden werden kann und keiner stets unter Beobachtung stehen muss.
Wenn ihr euch mit den Katzen an der Gittertür beschäftigt, dann setzt euch bitte auf die Seite eurer Altkatzen, vielleicht erstmal nur fürs vorlesen oder Leckerlierunden verteilen, eventuell spielen, das hängt alles von der Situation und dem Umgang der Katzen damit ab. Wenn alle entspannt sind, könnt ihr langsame Angelspiele beginnen und die Angel auch unter der Tür durchführen, sodaß alle Katzen ins Spiel einbezogen werden. Jede von euch herbeigeführte Begegnung der Katzen am Gitter sollte einen positiven Abschluss haben (Leckerlie, Lob, …).
Wenn die Katzen friedlich miteinander umgehen, sich am Gitter absichtlich begegnen und nahe kommen, könnt ihr die Tür versuchsweise einen Spalt öffnen, am besten nach einer Mahlzeit (satte Katzen sind entspannter) und wenn ihr selbst viel Zeit habt.
Solange nun die Katzen friedlich miteinander umgehen, laßt ihr sie machen und beobachtet sie nur unmerklich. Bleibt dabei selbst völlig ruhig und gelassen, haltet quasi den Raum der Friedfertigkeit für alle. Denkt an nichts, atmet, ihr könnt auch in ruhigem, sanften Tonfall vor euch hinreden. Vielleicht stromert der Neuzugang erstmal durchs Revier und wird auf Abstand quasi verfolgt/begleitet oder die Altkatzen begucken sich nun genau das Zimmer des Neuzuganges. Je nach Stimmungslage laßt ihr die Katzen nun dauerhaft beisammen, oder beendet die Runde nach einer gewissen Zeitspanne. Oder trennt die Katzen im Zweifel für die Zeit der menschlichen Abwesenheit noch die nächsten Tage. Umsicht und Vorsicht ist in diesem Fall besser als zu schnelles Vorgehen und in dessen Folge womöglich verstrittene Katzen, denn letzteres auszubügeln dauert und erfordert einen Neustart des Ganzen.
Wenn ihr das Gefühl habt, es wird brenzlig, die Stimmung kippt, dann nehmt ruhig und gelassen Einfluß, nähert euch, sprecht mit den Katzen, geht notfalls zwischen ihnen hindurch (Unterbrechung der Situation). Setzt wenn nötig Grenzen, lenkt, doch nur wenn nötig. Ihr seid die Helfer, damit sich alle sicher miteinander fühlen. Im Zweifel trennt ihr die Katzen lieber einmal zuviel oder zu früh, bevor sie eine negative Erfahrung miteinander machen.
Ihr seid hier auch Stimmungsmacher – daher geht bitte selbst möglichst gelassen und zutiefst positiv in der Grundhaltung in solche Zusammenführung und jede einzelne Sequenz davon. Fühlt ihr euch selbst unausgeglichen, unruhig, dann tut bitte erstmal etwas Gutes für euch selbst, bevor ihr euch mit den Katzen beschäftigt. Eure Katzen orientieren sich auch an euch und daher ist eure energetische Ausstrahlung so wichtig. ♥

Entspannte Katzen können sich freundlich und friedlich begegnen, während Begegnungen gestresster Katzen ein hohes Konflikt- und Streitpotenzial bergen. Deshalb solltet ihr sie in Vergesellschaftungsphasen möglichst vermeiden.
Wenn eure Katzen oder nur eine davon vom Naturell her eher unsicher ist, beobachtet die Begegnungen mit neuen Katzengefährten bitte besonders hinsichtlich der inneren Anspannung. Solange Nervensysteme im Alarmmodus sind, sind sie für echte Begegnungen gar nicht offen und bereit. Bietet euch in solchen Fällen als friedliche Präsenz an, indem ihr nichts weiter macht, als ruhig ein- und auszuatmen. Ihr seid der stille Raum, in dem sich die angespannten Nervensysteme der Katzen runterregulieren können.

Es kann sein, daß eure Katzen auch nach der erfolgreichen Vergesellschaftung ein wenig Hilfe im Alltag benötigen, um andere Lösungen für bestimmte wiederkehrende Situationen zu finden. Weil solche Fälle sehr katzenindividuell sind, möchte ich mich nur auf ein kleines Beispiel beschränken.
Fragt euch in solchen Situationen „Wer macht was und warum?“. Versucht nur wahrzunehmen, ohne Interpretation und Wertung, bedenkt das ihr womöglich nur eine Sequenz aus mehreren zusammenhängenden beobachtet.
Beispiel:
In einer Katzengruppe übt Kater A durch seine Neugier und den Drang zum Spiel Druck auf Katze B aus, die in solchen Momente der Katerzudringlichkeit nur kurz faucht, knurrt und dann sofort durch Flucht den Rückzug antritt, was A zum Nachrennen animiert. A kommt so zu seiner Spielsequenz, aber B ist genervt und in ihrer Bewegungsentscheidung eingeschränkt, denn A hat ihr den Raum abgenommen.
Die Botschaft von A ist „ich möchte zu dir hin, unbedingt, laß uns spielen“, die von B „ ich traue dir noch nicht, laß mich in Ruhe, bleib auf Distanz“, was A leider übergeht, da von B keine Konsequenzen zu befürchten sind und er ihr so schön hinterherrennen kann. A ist ein agiler, junger Kater im Flegelalter, der es tatsächlich nicht auf Dominanz abgesehen hat, er sucht gemeinsame Aktivität und Nähe.
Leider können wir B nicht „sagen“, daß sie sich nur einmal im Wegrennen umdrehen müßte und wie ein Stein stehen bleiben oder gar die Pfote erheben, sie könnte A erfolgreich stoppen und hätte ihre Ruhe. Wir können aber diese Verhaltensänderung initiieren, indem wir den Weg dorthin bereiten, daß die Katzen genau diese Erfahrung miteinander machen können.
Wir blocken dafür Kater A, wenn er Katze B seine Nähe aufdrängen möchte und ihrerseits durch fauchen passiv abgewehrt wird. Indem A geblockt ist, bekommt B Raum und kann tun, wonach ihr ist, ohne Einfluß von A. Haben wir A erfolgreich von B „abgebracht“, wird er von uns mit liebevoller Aufmerksamkeit bedacht. Katze B bekommt in der Situation keinerlei Hinwendung von uns, sie macht allein die Erfahrung von Bleiben können, die für sie wichtig ist.
In der Ursprungssituation treffen zwei Bedürfnisse aufeinander, die beide ihre Berechtigung haben und erfüllt werden wollen, aber so nicht passen. Wir werden daher der Mittler und erstmal auch Ersatzerfüller, bis die Katzen neue Wege miteinander gefunden haben. Weil B von ihrer Fluchtreaktion abgekommen ist, gemerkt hat, daß sie den Druck von A sehr leicht durch Präsenz statt Flucht abwehren kann und er so ihre Grenzen respektiert. Daraufhin kann ihrerseits Vertrauen entstehen, die Grundvoraussetzung für beidseitiges Spielen zu dem sich der Weg weiterentwickeln kann.

Wenn ihr einen kniffligen Fall daheim habt, euch unsicher seid und auch in allen anderen Fällen könnt ihr euch gern von mir beraten und begleiten lassen. Ich freue mich auf euch und eure Herzenskatzen ♥