Spinnenphobie – mein Heilungsweg
Ich hatte soweit ich zurückdenken kann, auch schon als Kind, eine stark ausgeprägte Spinnenphobie und die erste Vogelspinne lernte ich daher auch nicht freiwillig, sondern mit meinem späteren Ehemann kennen. Sie, eine Brachypelma smithi namens Frieda, war sein Heimtier und ihr Terra in der kleinen Wohnung unübersehbar.
Aber Frieda hatte langes Fell und eine schöne Zeichnung, außerdem war sie vom Wesen her ruhig und sie saß hinter Glas, mit der Zeit gewann ich sie irgendwie lieb. Und weil ich mehr Platz hatte, bekam sie ihr größeres Terra dann mit Umzug zu mir.
Mit Umzug zu mir wurde ich Friedas Pfleger und begann mich immer mehr zu informieren, anfangs haben wir sie eher zu feucht gehalten und vor allem die Heizmatte auch noch unter dem Terra platziert (Wärme sollte immer von oben kommen, wie in der Natur), das änderte sich später, doch vielleicht wäre Frieda älter als ihre 17 Jahre geworden, hätten die Haltungsbedingungen von Anfang an gepaßt.
Die zweite Vogelspinne, eine Brachypelma boehmei, zog später als Geburtstagsgeschenk an meinen Mann ein. Mit ihr gewöhnte ich mir an mit Handschuhen ins Terra zu fassen, sie war friedlich, doch die Übertragung ihrer Brennhaare von der Bepflanzung und vom Wassernapf hatten mir nach einer Erfahrung gereicht, drei Wochen juckten der Arm und Hals, wohin ich die „unsichtbaren“ Haare weiterverteilt hatte.
Man sagt ja, daß sich durch den Kontakt zu Vogelspinnen eine Phobie mindern/heilen läßt… naja, nach 15 Jahren Vogelspinnenhaltung konnte ich mir immerhin diverse Fotos aller Spinnen ohne Abscheu angucken, aber die mittleren und großen, langbeinigen, recht unbehaarten Hausgäste machten mir noch immer heftige Probleme, vor allem die fixen „Kellerspinnen“ – sie flüchteten bei Begegnungen auch noch oft in meine Richtung, gruselig. Aber es war etwas besser geworden und manche Spinnen mochte ich, Kreuzspinnen (Mädel) und knuffige Vogelspinnen, also rundliche, friedliche, unhektische.
Doch die Entwicklung, die die Vogelspinnen angestoßen hatten, nahm eineinhalb Jahrzehnte später ihren Lauf:
Ein paar Jahre zuvor hatte ich in einem Laden eine wunderschöne ausgewachsene Vogelspinne, eine Brachypelma rhunaui (heute albiceps), entdeckt und war fasziniert. Mangels Platz und diverser anderer Heimtierinteressen wurde sie nicht meine, aber sie blieb in Erinnerung. Bis ich 2013 nach dem Tod unseres letzten Kampffisches sein Aqua leerte und mit dem freien Platz im Büro irgendwie nicht zurechtkam, so ganz ohne Ablenkungsblickfang. Da ein vorhandenes Kleinterra von der Größe auf den Platz paßte und erstmal für eine junge Spinne reichen würde, machte ich mich auf die Suche nach meiner optisch absoluten Lieblingsspinne.
Es war Winter, das machte Versand unmöglich und schon wegen der lehmhaltigen Gartenerde für´s Terra hatte ich im Garten mit Spaten bei Schnee meine Freude, ich brauchte Geduld. So fand ich dann doch noch drei Jungspinnen dieser Art in einem entfernten großen Zoomarkt, wählte hoffentlich ein Mädel aus und nannte sie Lilly. Optisch eher eine Enttäuschung und den Spinnen meiner Phobie nicht unähnlich, weil zu dem Zeitpunkt schlicht graubraunschwarz und mit wenig Körperbehaarung, saß Lilly dann bei mir im Büro.
Lilly war also eine Faszination für mich, die das Abstoßende, beinahe Phobie-auslösende und die Verheißung ihres späteren, schönen Anblicks in sich vereinte. Und ich sah meine noch etwas gruselige Lilly mehrmals täglich bewußt an, beobachtete ihre Bewegungen. Das machte etwas mit mir, ich spürte das Gruselige langsam schwinden und nahm mich deshalb des Themas ganz bewußt an.
Je mehr ich mich nach dem Kauf meiner ersten eigenen Vogelspinne für die einzelnen Arten interessierte, je mehr ich in einem Forum rumstöberte und mitlas, umso mehr bauten sich die Ängste merklich ab. Nach zwei Monaten hatte ich auch keine Probleme mehr mit den Fotos von Baumvogelspinnen, mit asiatischen, afrikanischen eher langbeinigen und weniger ausgeprägt behaarten Vogelspinnen, halten würde ich sie nicht wollen, aber die Abscheu war weg.
Die großen Winkelspinnen/typischen Kellerspinnen werden mir nie ans Herz wachsen, doch ich kann inzwischen mit ihnen umgehen und den Keller ohne Angst vor achtbeinigen Begegnungen betreten. Denn die Phobie hat nicht nur mein Umfeld schwer genervt, sie hat auch mein Leben teils sehr im Griff gehabt.
Panik, Ekel, Ausgeliefertsein, Nervenflattern, hoher Adrenalinpegel je nach Situation bis Herzrasen bei jeder Spinnenbegegnung waren für mich sehr belastend.
Auch die ewige Suche an typischen Örtlichkeiten wie Kellern, Gartenhäuschen usw. mit den Augen nach „ist hier eine“ – und seid sicher, wenn da niemand eine sah, ich fand die eine immer und die saß hoffentlich weit genug weg und wurde ab dem Moment, wenn Vermeidung oder Wegsetzen des Tieres durch andere nicht ging, dauerhaft furchtvoll beobachtet! – ist einfach nervenaufreibend, jedoch weder mit Zwang noch Vernunft oder Strategien des Verstandes zu besiegen. Wie oft habe ich mir Aussagen anhören dürfen wie „die tun doch nichts“, „die sind nützlich“ verbunden mit dem Hinweis ich bräuchte keine Angst haben. Der Verstand begreift das, doch das Unterbewußtsein ist schneller als jeder Gedanke und so helfen diese Ansätze eben nicht.
Als einziges half mir wirklich sich immer mehr mit den Spinnen auseinanderzusetzen und da haben die Vogelspinnen maßgeblich zu beigetragen. Weniger „ich muß eine auf der Hand haben und hab nie wieder Angst“, denn erstens möchte das die Spinne nicht, zweitens hilft es nicht nachhaltig, mir zumindest nicht. Das haben die Jahre der Haltung und Pflege von Emma und Frieda bewiesen. Doch die Zwei waren ein Grundstein für die folgende Veränderung, auch wenn sich über ein Jahrzehnt wenig getan hat, was das Angstausmaß jenseits der beiden Exemplare anging.
Es ist eher das Interesse einerseits für das Verhalten der Tiere und erleben desselben, als auch sehr viel Gewöhnung, immer wieder die Silhuette des „Feindbildes“ in Varianten und auch in Bewegung vor Augen was wirklich hilft.
Denn es ist der Reflex, die unbewußte Sofort-Reaktion auf den Anblick, die einen so im Griff hat und da gehören das Wegspringen, Herzrasen, Nervenflattern dazu. Einzig das selbst sich immer wieder damit auseinandersetzen-wollen, das bewußte häufige ansehen-wollen verschiedener Exemplare und vor allem das Beschäftigen mit den eigenen Spinnen, das echte Kennenlernen der Verhaltensweisen, ist es, was nachhaltig hilft das unbewußte Muster, den Reflex „umzuschulen“. Deshalb macht es durchaus Sinn mehrere Spinnen zu halten und vor allem optisch unterschiedlich aussehende.
Es gibt für Spinnenphobiker also Hoffnung ♥, nach 45 Jahren bin ich meine Phobie doch noch losgeworden, bleibe aber auch „im Training“ und beschäftige mich weiterhin mit den eigenen Vogelspinnen und den Spinnen, die mir im Garten begegnen.
Tja, allerdings könnte man nun unken, von der einen Besessenheit (die von der Angst/Ekel) zur anderen… denn es blieb nicht bei der einen eigenen Vogelspinne, ein Fazit was die meisten Spinnenhalter nur zu gut kennen. Und Spinnen sind durchaus ideale Heimtiere und relativ unproblematisch was Abwesenheiten des Halters angeht.
Warum es plötzlich viele sein mußten, nunja, mich interessierten diverse Arten, vor allem bodenbewohnende Arten mit recht viel Fell (Haaren) und da die weiblichen Tiere sehr alt werden können, so 20-30 Jahre mit viel Glück, kann ich nicht eine nach der anderen halten, dazu reicht die Lebensspanne nicht, zudem passen recht viele Terras in ein Haus und man kann Terras mit lebenden Pflanzen gestalten und so schaut das alles auch noch optisch ansprechend aus – finde ich.
Inzwischen habe oder hatte ich fast alle mich faszinierenden Vogelspinnenarten daheim und mit dem natürlichen Aussterben durch Alterstod, werden dann irgendwann auch wieder nur ein oder zwei Exemplare bei mir leben. Von einem Extrempol zum anderen in die Mitte quasi ♥.
Meine Vogelspinnen
Hier finden sich ein paar Fotos zu einigen meiner Vogelspinnen und ihren Terrarien, wer Informationen zu den einzelnen Arten und der Haltung sucht, dem empfehle ich hier nachzulesen: http://www.vogelspinnenforum.ch
Die Terrarien für meine bodenbewohnenden Vogelspinnen richte ich alle nach den gleichen Prinzipien ein:
als Bodengrund eine nach hinten ansteigende, dicke Schicht aus lehmhaltiger Erde, im unteren vorderen Bereich eine Höhle meist aus Mangrovenholz oder Kork, innen verbunden mit der zweiten, weiter hinten oben liegenden Höhle, meist aus einer Korkhalbröhre.
Der Bodengrund wird je nach Spinnenart feuchter oder eher trocken gehalten, grundsätzlich ist der vordere flachere Bereich feuchter und die hintere, höhere Bodenschicht im oberen Teil trockener, so kann die Spinne wählen, welcher Feuchtegrad ihr mehr zusagt und aus dem gleichen Grund gibt es auch mindestens zwei vorgegebene Höhlen. Manche Spinnen graben selbst noch nach ihren Vorstellungen weiter oder neu.
Weitere Korkplatten, Halbröhren oder Röhren vervollständigen die Einrichtung. Kork und Mangrove bieten den Vorteil nicht zu schimmeln und sehr lange zu halten, d.h. die Einrichtungsstücke werden auch immer wieder verwendet, manche stammen noch aus der Zeit meiner Krebs- und Krabbenaquarien.
Bei der Bepflanzung haben sich für mich und meine Terrarien vor allem diverse Arten von Fittonia, Peperomia und Efeutute bewährt. Die Lichtquelle ist auch gleichzeitig die Wärmequelle, das Lichtspektrum ist dem natürlichen Lichtspektrum ähnlich gewählt (Tageslichtleuchtmittel, 6.500 K) und so wachsen die Pflanzen gut und geben weit mehr Ableger her, als ich verwenden kann.
Meine Katzen lieben die warmen Deckscheiben oder Lichtkästen als Schlafplatz. Echtes Katzenkino sind die Spinnen hingegen selten, wenn Futterinsekten unterwegs sind, ist das schon deutlich interessanter, genauso wenn Terras eingerichtet werden.
Das gelbe Klebeband auf den Fotos ist zwar optisch unpassend, hilft aber zuverlässig die Lampenkästen gegen katzenbedingten Absturz zu sichern.
Na? Auch neugierig geworden? Die Spinnenfotos folgen nach den Terrarien 😊
Lilly (Brachypelma albiceps)
Mouris (Grammostola rosea „rot“)
Philly (Grammostola porteri)
und die Terrarien der Beiden
Jolene (Grammostola anthracina) und ihr Terra
Stella (Lasiodora sp.), meine größte Vogelspinne und ihr 50x50x50 cm Terra mit Kira
und noch ein paar Spinnen aus dem Garten:
recht frisch aus dem gemeinsamen Kokon geschlüpfte Spinnen, vermutlich Kreuzspinnen